TL
Taryn Simon
The Innocents: William Gregory (Detail), 2002
C-Print auf Plexiglas
Chromogenic print
121.9 x 152.4 cm
Courtesy Gagosian Gallery, New York
© Taryn Simon

True Lies

Lügen und andere Wahrheiten in der zeitgenössischen Fotografie

17.01.2004 – 28.03.2004

Seit ihrer Erfindung vor gut 150 Jahren war die Fotografie immer Garant für die Wahrheit des Dargestellten. Erst Ende der 80er Jahre bekam der Glauben an den Wahrheitsanspruch der Fotografie ernsthafte Risse; in den 90er Jahren schliesslich stürzte er durch die digitale Revolution in der Bildherstellung und –bearbeitung vollkommen ein.

Seither hat die Fotografie einen Quantensprung vollzogen. Sie ist nicht mehr nur reproduzierendes, sondern – gleichwertig mit der Malerei - auch produzierendes Medium, das eine ganz eigene Wirklichkeit erschaffen kann. Im Unterschied zur Malerei allerdings gibt das entstandene Bild seine Entstehungsgeschichte meist nicht mehr preis. Dem Bild ist nicht anzusehen, ob es bestehende Wirklichkeit reproduziert oder vollkommen fiktiv konstruiert.

Die Ausstellung "true lies. Lügen und andere Wahrheiten in der zeitgenössischen Fotografie" stellt dreizehn jüngere Positionen vor, die den Wahrheitsanspruch fotografischer Bilder an verschiedenen Schnittstellen manipulieren und so auf vielfältige Weise unsere Wirklichkeitswahrnehmung hinterfragen. Die Ergebnisse mögen oft ähnlich irritierend erscheinen; die Strategien der künstlerischen Lügen sind dabei höchst unterschiedlich.

Gelogen wird an unterschiedlichen Stellen und mit verschiedensten Mitteln: So werden falsche Geschichten erzählt (Sophie Calle, Yann Toma), wirkliche Geschichten in den falschen Kontext platziert (Slawomir Elsner), die Wirklichkeit im Computer (Wolfgang Ellenrieder), als Modell im verkleinerten Massstab (Lois Renner) oder in Originalgrösse am falschen Ort (Maurizio Cattelan) nachgebildet.

Schliesslich sind auch die Lügengebäude unserer heutigen Lebenswirklichkeit Thema: Hotels in Las Vegas (Alexander Timtschenko), Gameshows und ihre Bühnenszenerie im Fernsehen (Egbert Trogemann) oder Justizirrtümer, aufgrund derer Unschuldige irrtümlich zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden (Taryn Simon).

Die Lügengeschichten, die uns die Künstler erzählen, kennen letztlich allesamt nur eine Wahrheit: Die Wahrheit des entstandenen Bildes, das den Betrachter zwingt, sein kritisches Bewusstsein gegenüber einer unüberschaubar gewordenen Bilderwelt zu schärfen.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit Texten von Stefan Gronert (Kunstmuseum Bonn), Reinhard Spieler (museum franz gertsch) und Margit Zuckriegl (Österreichische Fotogalerie am Museum Rupertinum, Salzburg) in deutscher und englischer Sprache.

Mit Arbeiten von Martin Brüger (*1965, D), Sophie Calle (*1953, F), Maurizio Cattelan (*1960, I), Filipa César (*1975, POR), Wolfgang Ellenrieder (*1959, D), Slawomir Elsner (*1976, PL), Lois Renner (*1961, A), Ursula Schulz-Dornburg (*1938, D), Taryn Simon (*1975, USA), Alexander Timtschenko (*1965, D), Yann Toma (*1969, F), Egbert Trogemann (*1954, D), Veronika Veit (*1968, D)